Dantes Helfer

TESTBERICHT - UNiKA NBB-0202 Dante Audio-Interface

Dante hier, Dante da – egal, von welcher Seite man es betrachtet. Das Audio-über-Ethernet-Protokoll aus dem Hause Audinate ist eine anhaltende Erfolgsgeschichte. Dante ermöglicht ein nahezu freies Routing von Audiosignalen über Ethernet. Daher ist es gerade in der Audio- und AV-Welt so beliebt. CAT5e-Verbindungen sind mittlerweile selbstverständlich und in jedem moderneren Bau oftmals ein Teil der Standardausstattung. Somit sind viele Venues und Gastspielhäuser bereits bestens für den Einsatz von Dante-Gerätschaften gerüstet. Das Gleiche gilt für die Einbindung in die Tontechnik. Kaum ein Hersteller, der keine Dante-Option für Digitalmischpulte, PA-Controller oder Systemendstufen anbietet. Klarer Fall, wer als Tontechniker unterwegs ist, der kann sich dem Dante-Vormarsch kaum entziehen. Der taiwanesische Hersteller UNiKA mag in unseren Regionen noch nicht so bekannt sein, das könnte sich aber ändern. Er bietet eine Reihe interessanter Dante-Produkte an, von denen der Autor mit der Bezeichnung NBB-0202 ein kompaktes Dante Audio-Interface zum Test erhielt.

Das Dante-Interface kommt nicht allein. Im Lieferumfang enthalten sind ein passendes 48 Volt Netzteil, eine gedruckte Bedienungsanleitung, 19 Zoll Rack-Winkel und ein CAT5e-Kabel. Das Interface selbst kommt im bekannten 9,5/1-HE- Format und verfügt über ein Metallgehäuse mit aufgesetzter Aluminiumplatte in blauer Lackierung. Das sieht nobel aus und es fühlt sich sehr wertig an. An der Modellbezeichnung 0202 lässt sich die Kernkompetenz dieser UNiKA Einheit erkennen. Der Testkandidat schickt zwei Mic/Line-Signale und zwei regelbare Ausgänge über ein Dante-Netzwerk. Mit einem Blick auf die Rückseite bestätigt sich die aich aufdrängende Vermutung. Die Mic/-Line-Eingänge sind mit zwei Combo-Buchsen eines mir unbekannten Herstellers bestückt, für die beiden Line-Ausgänge stehen zwei XLR-Buchsen bereit. Links davon residieren die beiden RJ45-Netzwerkbuchsen, welche die Verbindung zum Dante-Netzwerk darstellen. Ein versenkter Taster mit der Bezeichnung „Default“ versetzt das Interface in die Werkseinstellung zurück. In diesem Fall nimmt die NBB-0202 im Dante-Netzwerk den auf der Unterseite aufgeklebten Namen UNiKA-9180c6 wieder an und setzt auch sonst alle User-Einstellungen zurück.



Fast vergessen: Auf der Rückseite befindet sich der Anschluss für das externe 48 Volt Netzteil. Dessen Stecker ist weder verriegelbar, noch gibt es eine Zugentlastung – beides wäre schon schön. Eitel Sonnenschein dagegen auf der Frontseite. Ich notiere vier Potis samt Status-LEDs. Zwei Taster dienen der zuschaltbaren Phantomspeisung, falls die beiden Eingänge Kondensator-mikrofone begrüßen sollten.

Die Gain Potis der Mikrofonvorverstärker sind gerastert und mit groben Verstärkungswerten versehen. Die Vorverstärkung ist in sechs Stufen (0, 12, 24, 32, 48, 60 Dezibel) einstellbar. Durch die 24 Bit Audioverarbeitung wählt man einen konservativen Pegel und holt diesen bei Bedarf über den digitalen Trimm in der Host-Anwendung wieder auf.

Die Mikrofonvorverstärker sind nicht fernsteuerbar, also ist Fingerspitzengefühl erforderlich. Gleiches gilt für die Line-Ausgänge, die sich über Potis in vier Schritten (0, -6, - 12, -20 Dezibel) abschwächen lassen, falls der Nominalpegel von 0 dBu am Ausgang zu hoch für das nachgeschaltete Gerät sein sollte. Wieder zählt: Alles Handarbeit, es kann nicht digital ferngesteuert werden.

Signalampel

Die vier Status-LEDs auf der Frontplatte geben Auskunft über die Gemütslage des NBB-0202. Zwei LEDs zeigen etwaige Übersteuerungen der Mikrofonvorverstärker an, während die Sync-LED mehrfarbig ausgelegt ist und Auskunft über eine anliegende digitale Clock erteilt. Leuchtet sie grün, ist der Kandidat im Sync mit dem Dante-Netzwerk. Eine Anzeige in Orange erinnert an den Aufbau der Verbindung, während eine rote LED zeigt, dass das Gerät keine Clock findet.

Dante

Was die Integration in ein Dante-Netzwerk betrifft, hat man bei UNiKA folgenden Weg gewählt. Der Kandidat verfügt über zwei Netzwerkbuchsen im RF45-Format. Ein Vorteil von Dante ist, dass sich eine „redunDante“ Verkabelung realisieren lässt. Dafür benötigt werden zwei Netzwerk-Ports, die als Primary und Secondary ausgelegt sind. Fällt bei einem Port der Datenstrom aus, zum Beispiel durch ein defektes Netzwerkkabel, übernimmt die zweite Leitung den gesamten Datenfluss und die Show geht weiter. Obwohl die NBB-0202 über zwei Netzwerkanschlüsse verfügt, lassen sie keine Redundanz zu. Die beiden verbauten Netzwerk-Ports arbeiten im Switch Mode. Das bedeutet, man kann ohne großen Aufwand mehrere UNiKA NBB Breakout Boxen kaskadieren (Daisy Chain), was aufgrund des Formfaktors und des gedachten Einsatzes auch die klügere Verwendung der beiden RJ45-Ports ist. Ideal wäre es natürlich gewesen, gleich vier Ports einzubauen. Das wiederum würde ein größeres Gehäuse und einen höheren Preis zur Folge haben. Zurück zur Hardware.



In puncto Stromversorgung werden dem Anwender zwei Optionen geboten. Neben dem externen Netzteil aus dem Lieferumfang lässt sich das Interface alternativ via Power over Ethernet (PoE) verstromen. PoE versorgt die UNiKA Einheit direkt über das Netzwerkkabel, das auch die Daten verschickt. Dafür benötigt man allerdings einen Dante-fähigen Ethernet Switch, der zum einen mehrere Gerätschaften in einem Netzwerk vereint und zum anderen besagte PoE-Energieversorgung realisiert.

Mehr Dante

Der große Vorteil eines Dante Setups ist dessen hervorragende Skalierbarkeit. Mit genügend Gigabit Switchen im Gepäck lassen sich fast beliebig viele Dante-Gerätschaften (Stageboxen, Mischpulte, Lautsprecher, PA-Controller) in ein Netzwerk einbinden. Die Audiosignale sind frei zu routen, müssen jedoch einmal konfiguriert und zugewiesen werden. Das geschieht mit der Software „Dante Controller“, die als kostenloser Download auf der Audinate Website zur Verfügung steht. Verbindet man alle zur Verfügung stehenden Geräte mittels Netzwerkkabel (CAT5e auf- wärts), erscheinen diese nach und nach in der Device-Liste des Dante Controllers. Dort können die Signale frei zwischen den Geräten hin- und her geschickt werden. Alle Gerätschaften, die Ein- und Ausgänge vorweisen (wie unser Testkandidat), lassen sich nicht nur als Frontend für Dante-Mischpulte nutzen, sie eignen sich auch als Recording-Lösung.

So kommt die Audio DVS (Dante Virtual Soundcard) zum Einsatz. Für den überschaubaren  Betrag von 30 Dollar ist die DVS auf der Audinate Website zu erstehen und als ASIO-Treiber in allen gängigen DAWs und anderer Recording Software nutzbar. Das bedeutet, mit der DVS kann der Anwender die Signale der UNiKA NBB-0202 über ein Netzwerkkabel direkt in den Recording Computer führen und in seiner DAW aufzeichnen und Playback-Spuren für Overdubs zurückschicken.

Praxis

Die erste Amtshandlung ist es, das Interface mit Strom zu versorgen und mit einem CAT5e-Netzwerkkabel an einen Switch oder direkt mit der LAN-Buchse eines Rechners zu verbinden. Der Rechner sollte die Dante Controller Software bereits installiert haben. Möchte man die UNiKA NBB-0202 zum Aufnehmen oder etwa für die Wiedergabe von Backing Tracks nutzen, empfiehlt es sich, die Dante Virtual Soundcard zu erwerben. Für unseren Test starte ich zunächst die DVS. Das übersichtliche Programm bietet alle notwendigen Einstellungen: Anzahl der eingesetzten Audiokanäle, Latenz im Netzwerk und unter „Options“ noch Buffersize (32 Samples minimal) und ASIO-Latenz (1 Millisekunde minimal). Diese Werte sind individuell bei einem Projekt. Dabei gilt es lediglich zwei Dinge zu beachten. Die eingestellten Werte gelten nicht für den Roundtrip, sondern nur für einen Weg. In der Praxis bedeutet das, selbst in den niedrigsten Einstellungen wird mit der DVS die Gesamtlatenz kaum unter der magischen 10 Millisekunden Grenze liegen. Für Recording- oder Wiedergabeanwendungen dürfte das unwichtig sein, wer allerdings plant, über die DVS zum Beispiel VST Plug-ins einzubinden, der wird kaum um das Investment in eine dedizierte Dante-PCIe-Karte herumkommen, um live-taugliche Werte von 3 bis 4 Millisekunden für den Roundtrip zu erhalten. In der DVS wähle ich die Option 2x 2 Kanäle und ansonsten die minimal möglichen Latenz-Einstellungen. Ebenfalls beachten sollte man, dass die DVS über einen Start/Stop-Button verfügt.


 

Die Anwendung möchte demnach vom Anwender gestartet werden. Danach geht es zum Dante Controller, dort entdecke ich zwei Einträge. Meinen Laptop und die UNiKA NBB. Diese meldet sich im Dante Controller mit ihrem Default-Namen an, welcher, wie bereits erwähnt, auf der Gehäuseunterseite der Box aufgedruckt ist. Im Dante Controller lässt sich die Box bei Bedarf umbenennen, was gerade bei großen Setups sinnvoll ist, um den Überblick zu behalten. Über den ersten Tab „Routing“ sind die Signale über eine Matrix frei zu verwalten. Mehr ist im Controller für den ersten Einsatz nicht einzustellen. Wer ein Dante-Live-Mischpult besitzt, der kann die UNiKA NBB benutzten, um den Mixer um zwei Ein- und Ausgänge zu erweitern. Der einzige Nachteil zu generischen Dante Stageboxen ist die Tatsache, dass sich die Preamps nicht fernsteuern lassen. Dafür kann die Mikrofonvorverstärkung über die Gain Potis direkt an der Stagebox ohne den Umweg über eine Remote Software oder Mixeroberfläche eingestellt werden.

Wenn es darum geht, ein bestehendes Setup um Mic/Line-Eingänge und zwei Line-Ausgänge zu erweitern, dann ist die UNiKA NBB-0202 vorne dabei. Die Einbindung des UNiKA Interface ist universell, solange es ein Dante-Netzwerk zum Andocken gibt. Die Audioqualität? Makellos. Selbst bei hoher Verstärkung stört kein unangenehmer Rauschteppich, sowohl was die Mikrofonvorverstärker als auch die Ausgangsstufen der Line-Ausgänge betrifft. Aufgrund der wenigen Bedienelemente ist eine Fehlbedienung so gut wie ausgeschlossen. Selbst wenn die Pegelverhältnisse mal nicht stimmen, lassen sich sofort Korrekturen über die Potis vernehmen.

Finale

Das UNiKA NBB-0202 Interface ist eine unkomplizierte Möglichkeit, ein Dante-Setup um zusätzliche Ein- oder Ausgänge zu erweitern. Der schnelle Zugriff auf die Pegelverhältnisse von Hand direkt am Gerät kann in manchen Fällen von Vorteil sein. Einen Nachteil gibt es allerdings auch, da sich die Mic Preamps nicht fernsteuern lassen. Ebenfalls dem Rotstift zum Opfer gefallen ist die „redunDante“ Verkabelung über Primary und Secondary Ports. Die Geräte verfügen zwar über je zwei Ports, diese arbeiten aber im Switch Mode, der es ermöglicht, mehrere Einheiten zu kaskadieren (Daisy Chain). Verarbeitung und Klangqualität bewegen sich auf hohem Niveau. Dazu würde passen, dass sich das externe Netzteil verriegeln lässt. Ander- seits: Es gibt eine Netzteil-Alternative, denn NBB nimmt ebenso mit PoE als Versorgung vorlieb. Nun ist aufgrund der Popularität der Dante-Netzwerke durchaus Wettbewerb im Markt.


Redaktion: Von Christian Boche, tools4music 06/2019


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